IAA Frankfurt 2019

Es ist diesig am Morgen des ersten Pressetages der IAA und die Frankfurter Skyline verschwindet in den Wolken. Ein passendes Bild für die Stimmung der Automobilindustrie- denke ich so- mit Vollgas und elektrisch in die Nebelwand. Ob das gut geht?

Im Vorfeld war ja schon zu hören, dass einige Hersteller nicht auf der Messe vertreten sein werden. Was das bedeutet, sieht man gleich beim Betreten der Halle 11, die direkt am Haupteingang liegt. Wo sich sonst BWM alleine breit machte, teilt man nun den Platz Opel, Hyundai, Jaguar und Landrover. Nunja, wie ganz früher halt, bevor der Gigantismus Einzug gehalten hat…

BMW 

BMW macht den Anfang der Pressekonferenzen und verkündet den Fahrplan für die nächsten Jahre. M-Next, I-Next oder Wasserstoff sollen gegen den Klimawandel anstinken. 12 neue Elektromodelle in den kommenden Jahren. Und ein „Concept 4“ gibt es gratis noch dazu. Die Baureihe soll künftig eigenständiger wahrgenommen werden und wird mit einem riesigen, vertikalen Nierengrill und Scheinwerfern ohne Abdeckglas bestückt. 

Mercedes-Benz

Ich laufe quer über das Gelände zur Halle von Mercedes-Benz und bin auch hier überrascht wie sich der normalerweise über mehrere Etagen ausbreitende Messestand darstellt. Man sieht und nutzt tatsächlich Teile der eigentlich wunderschönen Festhalle. Die Ränge werden für die Zuschauer freigegeben, die so einen perfekten Blick auf das Geschehen auf der Bühne haben.  Auch hier wird stolz von der elektrischen Zukunft geschwärmt. Ein eCascadia Truck trägt das Equivalent von 1 Millionen Smartphone Batterien im Bauch. Hmmmm. Für einen Moment fehlen mir die Worte.  

Die S-Klasse wird als Speerspitze der Innovation des Automobilsbaus bezeichnet, das Conzept-Fahrzeug Vision EQS  soll den modernen Luxus neu definieren. Natürlich nachhaltig und vollelektrisch. „One Bow-Design“ soll der neueste Schrei sein, gespickt mit umlaufendem Leuchtband, holografischen Linsen und leuchtenden Mini- Sternen. Das Problem dabei ist, dass es aussieht wie eine Wurst mit Licht. 

Neu ist auch noch das GLE Coupe und der GLB. Das weiterhin wachsende SUV Segment wird so brav bedient und lässt den Aktivisten von Greenpeace – die draußen vor der Messehalle einen riesigen schwarzen CO2 Ballon aufgeblasen haben- vor Wut den Schaum aus den Mund treten.  Die Angst, dass es einer auf das Gelände schaffen würde, um den automobilen Weltfrieden zu stören, war deutlich zu spüren (und auch mehrmals zu hören).

Weiter geht’s in die VW Halle. „Ach Gott, was ist den hier los!“ schießt es mir durch den Kopf. Die Gänge sind ja breiter als die Stände. Und der graue Teppich wirft auch schon Falten! Wenn das der alte Piëch noch erlebt hätte… 

Volkswagen Konzern

Große Versprechen bei VW von der CO2 Nachhaltigkeit bis 2030, von der Fürsorge in Zeiten des Klimawandels für Mobilität zu sorgen und dem Ziel der emissionsfreien Fortbewegung schwärmt Vorstandsmitglied Ralf Brandstätter mit unerträglich übertriebenem Tonfall. Seine Botschaft kommt mir wie ein noch ungeschriebenes Kapitel vom Baron Münchhausen vor. Mit dem ID.3 habe man vor vier Jahren die richtigen Weichen gestellt und nun schließlich auch ein neues Logo, welches so dünn und altbacken daherkommt, dass ich es kaum glauben kann. Das klebte schon auf dem Bulli Bus von 1950.

Der Elektrowagen ist sicher eines der meist beachtestesten Fahrzeuge der IAA, kommt im nächsten Jahr mit einer Reichweite von 330-550 Kilometern zum Preis von knapp 30000 Euro auf den Markt. Bis 2028 will der Konzern fast 70 neue Elektroautos anbieten. Mal sehen.

Bei Audi nebendran startet man mit einem coolen Spruch: „Der Unterschied zwischen Kunden und Fans? Kunden geben uns das Geld, Fans das Herz.“ Soweit wäre das geklärt. Bram Schot sitzt auf einem Hocker, gibt sich leger und kündigt auch eine Vielzahl von Elektroautos an. Wohin ich blicke und höre, ist es immer dieselbe Botschaft. ALLE Hersteller wollen dasselbe. Endlos viele Elektroautos um die Welt zu retten und sich aus der Kritik zu stehlen. Das Feigenblatt ist so groß wie Rhabarber und in der Zwischenzeit werden die fetten SUVs verkloppt um noch mal schnell Kasse zu machen. 

Am Rande kommt noch ein neues Concept Car auf die Bühne. Der AI-Trail ist das vierte Mitglied einer Familie von Elektrostudien, die alle nie das Licht der Welt erblicken werden, aber als Inspiration für die Marke dienen könnten. Eine Art Mondauto, wie es Renault schon vor 27 Jahren als Rocoon zeigte und mit welchem man nun umweltfreundlich in die Wüste, in den Urwald oder sonst wohin fahren könnte. Überall dorthin, wo es garantiert keine Ladestaion gibt. Lichtdronen weisen einem den Weg. Wohin? Wer weiß das schon. 

Bei Porsche hat das Warten auf den Taycan ein Ende. Ganz so knackig und schlank wie die Studie Mission E ist er leider nicht geworden. Aber dafür scheint er ziemlich ausgereift und alltagstauglich. Wir werden ihn mal Probe fahren.

Und sonst? Bei SEAT erweitert man sich um die Marke Cupra, der Name der  sonst getunte Ibizas oder Leons schmückte, wird nun als Tascavan SUV Coupe die „Vision eine rein elektrischen Sportwagens wahr werden lassen“.  Also, mir wäre da was anderes eingefallen als so ein Hyundai Abklatsch. 

Es gibt auch Gutes zu berichten…

Apropos Hyundai: Hier steht ein echter optischer Leckerbissen. Das Concept 45 (natürlich auch elektrisch) soll an Giugiaros Pony Coupe Studie von vor 45 Jahren erinnern, was ich etwas an den Haaren herbeigezogen finde. Dennoch ist das Ergebnis unglaublich frisch und von verblüffender Einfachheit gezeichnet. Scharfe Kanten bilden Facetten wie bei einem Diamanten und sollen die Form künftiger EVs prägen. 

Ähnlich schnörkellos und sympathisch ist der Mini Stromer Honda e. Er wurde uns über die letzten Jahre in Form von Konzepten angekündigt und es gibt ihn nun zum Preis von 33850 Euro zu kaufen. Kameras und Monitore im Innenraum als Rückspiegelersatz inklusive. 

Und die Chinesen?

Ja, die sind auch da. Byton stellt sein Serienmodell M-Byte vor,  das 2021 auch nach Europa kommen könnte. Das SUV (klar, was sonst!), protzt mit einem 122cm breiten Display im Innenraum. Wie daheim bei Bier und Fussball.

WEY ( oder why?) steht schräg gegenüber und will die größte Luxus-SUV Marke der Welt werden. Bislang verkauft die Premium Tochter des Great Wall-Konzerns 300000 Fahrzeuge im Jahr und will in zwei Jahren nach Europa kommen.

HongQi bedeutet rote Flagge und ist Chinas ältester Autohersteller. Bis 1981 hat er ausschließlich Fahrzeuge für Regierungsvertreter gebaut und kommt nun mit einem 1400PS Supersportwagen und einem grauenhaften, riesiges Monster SUV mit leuchtenden Felgen nach Frankfurt. Ein Bentley Bentayga wirkt geradezu zierlich. 

Erwähnenswert ist auf jeden Fall der neue Land Rover Defender. Der von 1948 bis 2016 nahezu unverändert gebaute Geländewagen bekommt nun einen Nachfolger, der auch die Crashtest Normen erfüllt. Keine leichte Aufgabe, zählt er doch zu den wenigen wirklichen Ikonen des Autobaus. 

Und sonst? Im Kleinsegment gibt es einen neuen Opel Corsa, bei Hyundai den i10, den Mini E, ein Smart Facelift und bei Ford den hochbeinigen Fiesta-Ableger Puma. Die Premiere des Golf 8 wurde kurzerhand zugunsten des ID.3 verschoben. 

Nach der Absage von Fiat, Jeep, Alfa, Mazda, Volvo, Nissan, Renault, Toyota, Peugeot, Citroen, DS, Subaru, Suzuki, Mitsubishi, Dacia, Chevrolet, Cadillac, Rolls- Royce, Bentley, Aston Martin und Infiniti scheint die Messe in ihrer bisherigen Form am Ende. Manche Hallen stehen leer oder wurden mit Oldtimern gefüllt.

„Driving Tomorrow“ ist der Slogan der IAA in diesem Jahr. Neben den Autos können die Besucher sich auf jede Menge Talks, Konferenzen, Storys und Debatten zu zukunftsrelevanten Themen freuen. Künstliche Intelligenz, Infotainment, Klimawandel, Smart Citys, Sharing Economy. Vielleicht ist das die Zukunft. Mehr Dialog als Monolog.