IAA Mobility München


Die IAA ist in München gelandet. Mit neuem Konzept nennt sie sich IAA Mobility, widmet sich neben neben den Autos auch anderen Transportmitteln, hat ein ausgedehntes Programm für Talks und Diskussionen und wird zum ersten mal nicht nur in den Messehallen stattfinden, sondern breitet sich im ganzen Stadtzentrum aus. 
Ob das alles eine gute Idee ist, haben wir uns mal angesehen. 


Am Montag ist der erste Pressetag und wir fahren raus nach Riem. Hierhin gibt es teilweise eine „Blue-Lane“, die wir freilich nicht benutzen dürfen. Nur für Elektroautos oder mit mehr als drei Personen besetzte Vehikel dürfen hier fahren. Die Spur ist heute ziemlich leer, soll aber an den Publikumstagen mit probefahrenden E-Mobilen gefüllt werden. Die potentiellen Neukunden sollen ja nicht im Stau stehen. 

Dass die Liste der Neuheiten, Automobilhersteller und Pressekonferenzen sehr übersichtlich ist, war ja schon im Vorfeld klar. Tatsächlich haben von den großen Herstellern nur Mercedes, BMW, Mini, Renault, VW, Ford und Hyundai einen Stand. 

BMW stellt das kompakte Auto „i Vision Circular“ vor. Rund ist er freilich nicht, vielmehr soll der Name auf die Kreislaufwirtschaft und den Nachhaltigkeits-Aspekt hinweisen, unter dem er gestaltet wurde. 

Bei VW herrscht riesige Verwirrung, wer wann wie auf den Stand darf. Nur mit spezieller Registrierung, später auch der Rest, der in einer langen Schlange genervt wartet. Wie an einem Wochenende quasi. Security überall und man spürt regelrecht die Angst vor einer Störung durch Umweltaktivisten. Zu sehen gibt es den I.D. Life, ein an den Honda E angelehntes Elektoauto aus Öko-Materialien (Holzspäne im Klarlack) mit reduziertem Design gedacht für Einsteiger und junge Leute. Dass das total langweilig aussieht, die spärlichen Kanten unmotiviert über die Flächen wandeln und dazu alles noch mit unterirdischen Proportionen daherkommt ist wohl niemandem vorher aufgefallen. Schade eigentlich, das Konzept hätte ja Potenzial gehabt. 

Chinesische Firmen sind spärlich vertreten. Die Great-Wall-Marke WEY wagt den Sprung auf den deutschen Markt und zeigt uns den Luxus SUV Coffee 01. Daneben steht der Coffee 02 und die Coffee-Bar. Wie passend! 

Bei Mercedes ist auch alles elektrisch, sogar das G-Modell EQG Concept. Dazu noch EQE, EQB, EQS oder den Maybach Concept EQS, ein riiiiieeesigr SUV für die Ölscheichs dieser Welt. Smart zeigt die neue Design-Lineie mit dem Concept#1.

Auf dem Rest der Fläche findet man zahlreiche Zulieferer und zwei komplette Hallen mit E-Bikes, was eigentlich sehr cool ist, wenn man sich dafür interessiert. Nach ein paar Stunden haben wir alles gesehen und ich überlege mir, wer denn bereit ist, dafür 25 Euro Eintritt zu bezahlen. Die armen Zuschauer. Kein Ferrari, kein Lamborghini, kein Porsche. Schöne neue Welt. 

Open Space

Am Dienstag wollen wir uns den „Open Space“ im Zentrum anschauen. Das Wetter ist prima und lädt zum Bummeln ein. Zwischen Königs- und Marstallplatz haben die verschiedensten Aussteller Pavillons oder Stände aufgebaut. Meist zu Inseln zusammengefasst und wohl wegen der Corona Zugangsbestimmungen umzäunt. Und genau das ist das Problem. Zum einen überhaupt mal den Eingang finden, dann den richtigen Eingang finden (Aussteller, Besucher, Presse, was weiß ich…) Jeder sagt was anderes, keiner hat richtig Ahnung. Zum anderen öffnen die meisten Stände erst um 14h oder noch später. Über die Mittagszeit schien es uns die reinste Zeitverschwendung zu sein die ganze Meile abzulaufen. Den Abschuss erlebten wir beim Pop Up Laden von Cupra, wo der Türsteher uns angeblich erst ab 14h, später dann erst ab 19h reinlassen wollte. Was gezeigt wurde, bleibt sein Geheimnis. Einen offiziellen Zeitplan gab es nicht. Wir habe noch nie an einem Tag mit soviel Leuten diskutieren müssen und finden schließlich Zuflucht im „Filmcasino“. Die 20er Jahre Bar wurde von INEOS in Beschlag genommen. Im kleinen Innenraum stand das neue Modell des Geländewagens Grenadier. Die Stimmung dort ist bestens und die Bar und Küche verwöhnten uns vom Allerfeinsten. 

Am Wittelsbacher Platz stehen die Ausstellungsflächen von Audi und Porsche dicht beieinander. Neben den neuesten Taycan Modellen steht der brandheiße „Mission R“. Ein seriennaher Elektro-Rennwagen für den Kundensport. Daneben kann man ein Design Modell des “919 Street” bewundern, welches zwar schon vor vier Jahren gebaut, aber erst neulich in einem Buch veröffentlicht wurde und nun zum ersten Mal in der Öffentlichkeit gezeigt wird. 

Der „grandsphere concept“ steht im House of Progress genannten Messestand von Audi. Imposant und elegant gefällt er uns eigentlich sehr gut. Aber ist das ein Audi? Da haben die Designer mal zu Hyundai, Kia & Co geschielt, die die Messlatte in den letzten Jahren ganz schön hoch gelegt haben. 

Am Nachmittag machen wir eine Probefahrt mit dem Start-up „holoride“. Hier trifft Virtual Reality auf die wahre Welt. Während einer Fahrt durch die Stadt, befindet man sich über eine VR Brille in einem Video Game. Die Fahrdaten des Autos werden in das Spiel integriert und so wird die Welt unseres schießenden Flugdrachen von den Fahrzeugbewegungen und der Geschwindigkeit beeinflusst. Die Idee bietet ungeahntes Potenzial, nicht nur um die Kinder mit Ballerspielen auf langen Autofahrten ruhig zu stellen, sondern auch um Lehrinhalte anschaulich zu vermitteln oder zur Meditation.  

Der Stand von Mercedes-Benz am Odeonsplatz erscheint uns in der Umsetzung der interessanteste. Beindruckend baut er über mehrere Ebenen in die Höhe, verteilt die Ausstellungsstücke luftig und wird von einem bei Dunkelheit farbig angeleuchtetem Netz überspannt und mit Livemusik beschallt. Einfach Klasse! Hier kommt es wirklich zu einer Interaktion von Stand- und Stadt-Architektur.

Und hier steckt -glaube ich- das ganze Potenzial der Veranstaltung. Wenn sich wieder mehr Hersteller zu einer Teilnahme bewegen lassen, die auf die unterschiedlichsten Weisen die Innenstadt bespielen, könnte das ganze ein Erfolgsrezept sein. Ganz nach dem Vorbild der Mailänder Möbelmesse, wo es neben der klassischen Ausstellung viele „Off“ Locations gibt, die oftmals viel interessanter sind, da sie mit vorhandener Bausubstanz arbeiten müssen.

Fazit: Als autobegeisteter Besucher muss man nicht unbedingt nach München kommen, schon garnicht auf das Messegelände gehen. Viele Ausstellungsstücke wurden am Dienstag schon in die Stadt verbracht. Wenn man sowieso vorort ist, kann man sich die kostenlose Ausstellungen in der Innenstadt ja mal anschauen, eines der Elektroautos oder ein E-Bike Probefahren. Zeit und Corona-Zertifikat sollte man aber mitbringen, denn es wird wohl – gerade am Wochenende- zu langen Schlangen an den einzelnen Eingängen zu den eingezäunten Hubs kommen. 

www.iaa.de

Text und Fotos: Markus Haub & Susana der Val