Roadtrip im BMW i3___Penedes, Priorat, Portaventura

Wer Garage X kennt, weiß dass wir es eher mit altem Blech, als mit modernen Autos zu tun haben. Aber man muss sich ja auch mal dem Neuland öffnen. Deshalb machen wir einen Selbstversuch und reisen eine knappe Woche im Elektroauto BMW i3 durch die Weinlandschaften des Penedès und Priorat im Hinterland von Barcelona. Die Etappen sind nicht sonderlich lang, so dass es mit der Reichweite klappen sollte. Aber finden wir auch in der Provinz Ladestationen oder zumindest eine Steckdose in Reichweite? Mal sehen.

Barcelona- Penedès

Nach einer kurzen Einführung und ein Check, ob alle nötigen Kabel und Tank-Karten vorhanden sind, übernehmen wir den i3. Die Ladung beträgt, 97%, gut für ca 240 Kilometer. Wir fahren raus aus Barcelona in Richtung Nordwesten. 

Der i3 hat mir schon immer schon immer gut gefallen, weil er radikal anders ist, als ein herkömmliches Auto. Die Bedienung gibt kaum Rätsel auf. Über eine Hebel an der Lenksäule startet man und wählt man die Fahrstufe. Am Mitteltunnel kann man zwischen drei Modi wählen: COMFORT, ECO PRO und ECO PRO+. Im zweiten ist die Geschwindigkeit auf 130 km/h begrenzt, im letzteren auf 90, dazu regelt die Klimaanlage ab. Der Ampelstart gelingt immer, der kleine Flitzer beschleunigt mit seinen 170 PS wie am Gummiband gezogen. Das turbinenartige Surren ist das einzige hörbare Geräusch. So klingt die Zukunft. Das war auch schon so im Science-Fiction Streifen Gattaca von 1997, in welchem Citroën DS und Co mit elektrischen Antrieben bestückt durch die Gegend summten.  Die Beschleunigung auf 100 liegt mit 7,2 Sekunden knapp über dem unseres Ferrari 308 GT4! Den muss man allerdings schalten, was Zeit kostet.   Und genau das ist am Anfang recht ungewöhnlich. Es geht einfach linear weiter. Bis zur Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h. Das Beschleunigen macht Spaß und ich erwische mich dabei, immer mal Zwischenspurts einzulegen. Tendenziell ist man so aber immer etwas zu schnell unterwegs. Ein richtiges Gefühl für die Geschwindigkeit sollte sich erst mit der Zeit einstellen. 

Penedés, die Weinregion vor den Toren der Stadt

Unser Hotel ist das Comaquinal Bioresort Penedes, ein altes Landhaus am Rande des Dorfes Sant Quinti de Mediona, welches Juan Carlos in ein kleines Paradies verwandelt hat. Hier gibt es neben einigen Zimmern und Suiten, einen riesigen Garten mit Pool und dazu allerlei Tiere. Ponys, Schweine und einen Emu. 

Am Abend machen wir in der Nähe eine Reitertour durch die Weinberge. Dann zurück zum Hotel und später zum Essen und zu einem Konzert auf einem Weingut. Insgesamt sollten es an diesem Tag 142 Kilometer werden, die Restaufladung beträgt 42%. Noch genügend Reserven also. Vor Ort haben wir die Möglichkeit das Auto an einer herkömmlichen Steckdose in der Scheune zu laden, so können wir über Nacht die Ladung auf 87% erhöhen. Das reicht locker um an unser nächstes Ziel zu kommen. 


 

Cava & Hotel Mastinell 5*

Dieses liegt nur ca 20 Kilometer entfernt am Rande von Vilafranca del Penedès. Das Cava & Hotel Mastinell 5* wurde von Porsche mit zwei Ladesäulen ausgestattet, an den wir unseren i3 gleichmal anhängen, um ihn mit ein paar weiteren Kilowatt vollzupumpen. Man weiß ja nie. 

Vor dem Einchecken bekommen wir eine Tour durch die an das Hotel angrenzende Kellerei. Somelier Nico führt uns fachkundig und gut gelaunt durch die Installationen und beantwortet alle Fragen. Hier wird hauptsächlich Cava (flaschenvergorener Wein) produziert. Mit Tradition kann er nicht prahlen, die Kellerei besteht erst seit 1989, aber produziert dafür kleinen Mengen in hoher Qualität. Wir sehen den Prozess der Gärung, das Lager in dem einige Flaschen schon über 10 Jahre lagern, bevor sie verkorkt werden. Auch lernen wir über die Begriffe Nature, Brut, Extra Brut und Seco und deren Zuckergehalt. Am Ende geht er zur Verkostung. Dem besten Teil der Führung. Ein junger Rotwein (Alba) und zwei verschiedene Cava (Brut nature und Brut). Leicht beduddelt bekommen wir an der Rezeption unser Zimmer.

Die Form des Baus erscheint einem Weinregal nachempfundenen in dem die Flaschen horizontal gelagert werden. Aneinandergrenzende Rohre von einem wellenförmigen Dach gedeckelt, welches an eine von Antonio Gaudi Konstruktionen erinnert. Den riesigen Fenstern vorgesetzt ist eine Art gelöcherter Sichtschutz, welcher an die Blubberblasen des Sekts erinnern soll. Es hat nur 13 Zimmer und ein Restaurant. Sehr familiär also und wir fühlen uns direkt wohl, auch dank der äußerst sympathischen Mitarbeiter. Am Abend drehen wir noch eine Runde, um den Sonnenuntergang zu geniessen.

Codornui

Lädt man die Batterie zu 100% auf, ist sie für eine maximale Reichweite von 267 Kilometern im COMFORT Modus gut. Im energiesparenden ECO PRO + sogar für 306 Kilometer. 

Das reicht für unsere heutige Etappe. Diese geht zunächst zur Sektkellerei Codornui, dem weltweit größten Produzenten von flaschenvergorenem Wein. 80 Millionen Flaschen verlassen jedes Jahr das 1551 gegründete Unternehmen, welches auch Weingüter in Kalifornien oder Argentinien besitzt. Mit 3000 Hektar Fläche ist es 300 mal größer, als die Kellerei von Mastinell!

Die Tour geht 90 Minuten und führt uns über das Gelände und durch einige der wunderschönen Gebäude des Architekten Josep Puig y Cadafalch, die zur Zeit des Modernisme um die Jahrhundertwende entstanden sind und unter Denkmalschutz stehen. Interessant ist auch die Reise in die Kellergewölbe 20 Meter unter der Erde.  So bieten sie eine konstante Temperatur und Feuchtigkeit. Erst zu Fuß, später mit einem kleinen Zug fahren wir durch die hunderte Meter langen Gänge, in denen Tausende von Flaschen lagern. Auch den neuen Teil, der in den 80er Jahren entstand durchfahren wir. Am Ende probieren wir zwei der neuen Cavas. 

Off to Priorat

Nach einem kurzen Mittags-Snack geht es weiter in Richtung des ca 120 Kilometer entfernten Weinanbaugebiets Priorat, welches wir schon im Dezember 2018 besucht haben. (Artikel hier) . Die Landschaft ist nun wesentlich grüner, die Kurven sind jedoch dieselben. 

Für diese Strecke ist der i3 nicht gemacht, man merkt ihm seine Bauhöhe an und er klebt nicht gerade auf der Strasse wie ein Porsche, sondern schiebt er in den engen Kurven mächtig über die dünnen Vorderräder. Mit ca 1300 Kilo ist er eigentlich relativ leicht geraten. Wir lassen es also gemütlich angehen. 

Als wir im Hotel ankommen, haben wir noch eine Ladung von ca 30% oder 60 Kilometer. Das ist ok, reicht aber nicht für den Rest der Reise. Also hängen wir den kleinen an eine der beiden Tesla Ladestationen zum Stromzapfen. Das sollte ihn wieder fit machen. 

Hotel Terra Dominicata

Das Hotel Terra Dominicata liegt nahe bei Escaladei und hat erst im letzen Jahr eröffnet. Die alten Gebäude wurden 2014 von der Familie Vives gekauft um nach über 20 Jahren wieder eigenen Wein zu produzieren und nun auch Gäste im 5* Haus zu bewirten. Bei unserer letzten Reise hatten wir schon Gelegenheit, den Weinkeller zu besichtigen und haben auch eine Tour durchs Hotel bekommen. Dieses Mal sind wir eine Nacht zu Gast, geniessen den Pool, die Ruhe und am Abend das Essen auf der Terrasse. Der Service ist freilich hoffnungslos mit der überschaubaren Anzahl an Gästen überfordert und es kommt zu langen Wartezweiten und einigem Spektakel. Uns wars egal, hatten wir doch keine Eile und sind spätes Abendessen gewöhnt. Auch konnten wir so den einen oder anderen leckeren Rotwein testen.

Portaventura__Kontrastprogramm

Nach ausgedehntem Frühstück fahren wir in Richtung Küste in den nahegelegenen Freizeitpark Portaventura World und das Ferrari Land. Was für ein Kontrast zum beschaulichen Penedès und Priorat. Nur erwartet und Kindergeschrei und Achterbahnen von der aller krassesten Sorte. 

Das Hotel Colorado Creek ist im Western Stil gebaut und gehört zum Park. Eigentlich hat es zwei Parkplätze mit Ladestation für Elektroautos, diese sind aber leider von normalen Autos besetzt worden. Wir parken deshalb etwas quer auf der anderen Seite und nutzen die Länge des Ladekabels von ca 4 Metern voll aus und stöpseln uns ein. Im Prinzip haben wir noch genügend Ladung, aber man weiß ja nie was kommt. 

Für den Park haben ein all inklusive Paket gebucht. Das heißt Hotel,  zwei Tage Eintritt für Portaventura und Ferrari Land und Essen sind mit dabei. Rundrum sorglos also. 

Der Park selbst ist in zahlreiche Themengebiete, wie Wilder Westen, China, Polinesien, Mittelmeer oder Sesamstrasse gegliedert und bietet zahlreiche Attraktionen für klein und groß. Die  Freefall-Towers oder  die acht Achterbahnen sind besonders beliebt. So gibt es die Bahn „Stampida“, bei der zwei Züge auf einer komplett aus Holz gebauten Struktur parallel fahren und einen mächtig durchschütteln. „Furious Baco“ beschleunigt dich ein 3,5 Sekunden auf 135 km/h und dreht sich dann mehrmals um die eigene Achse. Sie war beim Bau 2007 die schnellste in Europa und erste Bahn des Typs „Wing Rider“. „Dragon Khan“ ist 110 km/h schnell der ehemalige Weltrekordhalter mit den meisten Spiralen und Loopings. „Shambhala“ ist wohl die Hauptattraktion des Parks und ein Hypercoaster vom allerfeinsten. Im Sitzt nur an der Hüfte festgehalten fährt man auf 76 Metern Höhe, um dann mit 134 km/h in die Tiefe zu rauschen. Sie ist gut 1,5 Kilometer lang und geht durch Tunnel und über fünf Kamelbuckel. Danach ist man frittiert. Ich jenfalls war bedient und habe es erst am darauf folgenden Tag noch zweimal drauf gewagt. Dann in der Dämmerung und bei Nacht. Und für einen kurzen Moment habe ich versucht den grandiosen Blick über den Freizeitpark zu genießen, bevor es mit 3,8g in den Abgrund geht. 

Der Park schließt erst um Mitternacht, so dass man viel Zeit hat, alle Attraktionen zu erkunden. Quasi als Rausschmeisser, gibt es kurz vorher eine Parade und eine Show auf dem Wasser, die die einzelnen Themen-Welten repräsentieren.

Ferrari Land

Das Ferrari Land wurde 2017 eröffnet und ist nicht so groß. Es grenzt direkt an Portaventura an, so dass man beides gut zusammen besuchen kann. Freilich braucht man locker zwei Tage, um alles in Ruhe anzuschauen. Wir hatten uns ein „Express Bändchen“ (nur für Portaventura) gegönnt, und konnten und deshalb in einer separaten Schlange anstellen, die kaum Wartezeit verlangte. Ansonsten steht man mal eine oder zwei Stunden im Stau…eine lohnende Inversion also. 

Was gibt’s hier zu sehen? Alles dreht sich um das Thema Ferrari, das Fabrik-Eingangstor von Maranello oder das Haus mit den roten Fensterläden von Fiorano sind nachgebildet und in die italienisch angehauchte Häuserzeile integriert. Man kann aktuelle Fahrzeuge oder alte Formel 1 Renner bestaunen, Kinder auf einer kleinen Rennstrecke erste Fahrübungen machen oder einen Fahrsimulator ausprobieren. Außerdem gibt es zwei 55 m hohe „Thrill Towers, auf welchen man entweder nach oben beschleunigt wird oder im freien Fall nach unten fliegt. 

Absolutes Highlight ist aber der „Red Force“,  (Video hier). Die schnellste Achterbahn Europas und die dritthöchste der Welt. Man wird im Schlitten in 5 Sekunden auf 180 km/h beschleunigt, dann mit 4,8 g senkrecht nach oben auf eine Höhe von 112 m katapultiert. Oben verlangsamt er sich, um dann senkrecht in die Tiefe zu rauschen. Nach 24 Sekunden ist alles vorbei. Was für ein krasses Erlebnis. 

Zurück nach Barcelona

Am nächsten Tag besuchen wir noch die Stadt Reus, um uns dann in Richtung Barcelona aufzumachen. In Sitges statten wir meinem ehemaligen Arbeitsplatz einen Besuch ab. Im damaligen Design Center Europe haben wir Ende der 90er Jahre Autos für den Volkswagen Konzern entworfen, bis ich dann zu Renault gegangen bin und der Rest des Ladend nach Potsdam umgezogen ist.  Nach Leerstand und Kulturzentrum ist nun im Gebäude eine Tanz-Akademie untergebracht. 

Am Abend erreichen wir unser Ziel und drehen noch eine Runde durch die Stadt, bevor wir das Auto etwas wehmütig abgeben. 

Fazit:

Etwas Abenteuergeist und die Angst vor dem Liegenbleiben schwingt schon noch mit, wenn man mit einem Elektroauto auf Reisen geht. Weiß man doch nie, ob die angezeigten oder versprochenen Lademöglichkeiten frei sind oder funktionieren. Der i3 ist nach all seinen Produktionsjahren noch äußerst frisch, die verwendeten Materialien sind teilweise aus nachwachsenden Rohstoffen und sehr wertig. Die gegenläufig öffnenden Türen habe ich als sehr praktisch empfunden, kann man so immer mal was auf dem Rücksitz ablegen, ohne um die Hintertür herumgehen zu müssen. Gerade in der Stadt macht der Flitzer viel Spaß. Mit seinen nicht mal 4 Meter ist er extrem wendig. Man ist lautlos unterwegs und geht den Menschen nicht mit Lärm und Gestank unnötig auf den Sack. Und wie wusste schon Luigi Colani vor fast 40 Jahren zum Thema Elektroauto: Langsam, leise, lustig, leicht! So ist der i3 ein richtiger Schritt in die elektrische Mobilitätszukunft. Ein 2,5 Tonnen schweres Mega SUV vom Schlage eines Mercedes EQC ist es freilich nicht. Die City Muttis sollten sich nach was zeitgemässerem umschauen oder ihren lieben Kindern wieder mal beibringen mit dem Fahrrad in die Schule zu fahren- so wie früher. Da wäre schon viel geholfen.